Internet Literatur

Ein Essay und
eine kleine Geschichte der literarischen Form

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Ausblick

Interaktive Gedichte

Was tut ein interaktives, steuerbares Gedicht? Der wichtigste Punkt ist, daß die Rollen umgekehrt werden. Früher wurde der Text vom Schreibenden gestaltet; jetzt gibt es GESTALTGEBENDE LESERINNEN UND LESER. Das ist für den Verdienst nicht schlecht: Ihr programmiertes INTERAKTIVES Lese-Erlebnis ist ein Produkt und kann verkauft werden. Nachteil: Sie können nur noch höchst diffuse Meinungen ausdrücken, da die Aussage Ihres Werks eben nicht mehr von Ihnen abhängt. Ist gerade das Ihr Anliegen, haben Sie keine Nachteile außer dem, daß keiner Ihrer Rezipienten Ihr komplettes Werk aufnimmt, noch es anderen erzählen oder auswendig lernen kann - Tod der akustischen Komponente.

Nicht-interaktive Gedichte

Das programmierte Gedicht - Farben, Fließtext, Bilder - behält die Bedeutung, die Sie ihm geben. Sie können durch Farben optische Reime schaffen, Stimmungen durch Klang und Hintergründe. Sie können Pop-Ups erschaffen (huch!) und Ihrem Text Alternativen einfügen; neue Ausdruckswelten tun sich auf. Ist das gut gemacht, finden Sie sogar Werbe-Sponsoren. Aber jetzt sind Sie, eigentlich, auch nicht mehr als eine Art von Regisseur, was die Gestaltung angeht. Und das verführt ganz verflucht dazu, den Textinhalt zu vernachlässigen; schaun Sie sich auf dem Netz mal um, dann wissen Sie, was ich meine (*flimmer - blink*).
 
Die Linearität ist nicht vorbei. Eine Geschichte zu erzählen, eine Meinung auszudrücken, all das bleibt letztlich linear. Denn so leben wir auch die Geschichte unseres Lebens - Tag für Tag, einen nach dem anderen. Dieser Kette kann niemand entkommen.

Entscheiden Sie sich für Nicht-Linearität, indem Sie dem Leser die Gestaltung überlassen, geht Ihnen die Chance verloren, eine konkrete Meinung auszudrücken, mit allem was dazugehört: Spannungsbogen fällt weg, Wiederholbarkeit des Lese-Erlebnisses fällt weg (sowie die History des Browsers gelöscht wird), die präzise Wiedergabe Ihres Gefühlserlebens fällt weg, es werden zwar Ideen verbreitet - aber das sind nicht mehr wirklich originär die Ihren. Dafür können Sie jetzt Kunstwerke schaffen, die den Leser automatisch zum Mit-Künstler machen; eine völlig neue Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Publikum.
 
Vielen Dank, daß Sie bis hierher gelesen haben. Am Bildschirm ist das alles sehr anstrengend. Ich musste Ihnen das antun. Dieser LitSpace will zeigen, daß vieles sich am Computer besser oder leichter ausdrücken lässt. Aber Gedichte und Geschichten sind nicht alles. Ich wollte noch ZEIGEN - hoffentlich hat´s geklappt -, daß dieser Essay (nur dieser eine spezielle, aus aufeinander aufbauenden Ideen gemachte Essay) viel besser dargestellt worden wäre - und darum gibt es ihn HIER als PDF zum fröhlichen Ausdrucken:
 
auf Papier.
 

 

 

 

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